Quantcast
Channel: Nerdbench
Viewing all articles
Browse latest Browse all 314

Deponia Doomsday im Test: Möge Tetanus uns beistehen!

$
0
0

Rufus begibt sich in sein viertes Abenteuer und wir durften ihm auf seinem Weg zum Happy End unterstützen. Was unser tollpatschiger Held mit deutlich zu großem Ego dieses Mal (wieder)erlebt – und warum ich gerade das Wort (wieder) geschrieben habe – erfahrt ihr nach dem Break.

Nerdbench bedankt sich bei Daedalic Entertainment für die Bereitstellung von Deponia Doomsday

Die Story
„Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Und meine Abenteuer“, so Rufus selbstironisch. Und genau darum wird es in diesem Teil Deponias gehen – ein vielgefordertes neues Ende des dritten Teils. Der Name ist Programm: Rufus hat den Sturz am Ende von Deponia 3 überlebt und wird den Planeten in die Luft sprengen. Aus diesem Traum wacht Rufus auf und beginnt damit sein Abenteuer in dem vierten Teil der Deponia-Saga. Die Story ist unterhaltsam und kompliziert, denn Rufus wird zum Zeitreisenden, um das bevorstehende Ende Deponias zu verhindern. Achtung:  Wer nichts Genaues wissen möchte, sollte direkt zum nächsten Abschnitt springen. Ab jetzt: SPOILER ALERT!

Rufus wacht von einem merkwürdigen Traum auf, der ihm auffällig real erscheint. Davon lässt er sich nicht weiter beirren und möchte nach Elysium aufbrechen – eine dezent wahnsinnige Idee hat er dafür natürlich parat. Doch ein Missgeschickt passiert und dabei begegnet er McChronicle, der ihn in die Kunst des Zeitreisens einführt. Insgesamt ist damit schon das Thema des vierten Teils der Deponia Saga umrissen: Zeitreisen und Deja-Vu’s. Deponia Doomsdays beginnt zeitlich vor dem ersten Deponia Teil, sodass wir im Laufe der Geschichte vielen bekannten Charaktären begegnen und obendrein mit witzigen Hintergrundinformationen versorgt werden. So wird beispielsweise erklärt, wie Lotti zu Lotti wurde, die ’nette‘ Dame mit der zutiefst männlichen Stimme vom Bürgeramt aus Deponia 1. Zunächst hindert uns ein zeitreisender rosa Elefant daran, mit unserer (zumindest zu diesem Zeitpunkt) noch-Freundin Toni nach Elysium zu entkommen. Nach wiederholten Versuchen und natürlich ganz anders als gedacht, findet sich Rufus tatsächlich an seinem Reiseziel wieder. Allerdings unter „deponiösen“ Zuständen, wie er enttäuscht feststellen muss. Dort begegnen wir Goal, die zusammen mit uns zurück in die Vergangenheit reist, sich dann unsere Zeitmaschine schnappt und mit ihr verschwindet. Rufus bekommt dabei den Vorwurf zu hören, dass sein Tod am Ende von Deponia 3 nur egoistisch motiviert war.

Grilldonnerstagsfest Die Wahrheit über Lotti Verflixter rosa Elefant Goals Vater unter der Dusche

Glücklicherweise sind wir nun wieder in der Zeit, zu der Goal und Cletus nach Deponia reisen, womit die Story von Deponia 1 wieder aufgegriffen und die Motive des bösen Rufus-Doppelgängers Cletus erörtert werden. Eine witzige Abfolge von Ereignissen bringt uns fast dazu, den Ältestenrat von Elysium zum Tagen zu bringen, damit wir ihn von der Existenz der Deponianer überzeugen können, aber die Zeitschleife hindert uns daran. Dieser Zeitschleife entkommen wir zwar, müssen uns jedoch von Fewlocks umzingelt zurück nach Deponia begeben, um dort das Chronocar zu finden und damit die Zeitschleife vollends zu unterbrechen. Wie immer kommen wir zu spät und improvisieren, um einen Weg zu finden, den Vergangenheits-McChronicle aufzuhalten, damit er Rufus niemals begegnet. Zwischendurch erfahren wir, dass Goal nicht etwa wütend auf uns ist, weil Rufus so ein Trottel ist, sondern weil das Ziel des Abenteuers darin liegt, alles ungeschehen zu machen: und damit auch die schönen Erfahrungen mit Rufus!

Zeitreise Eine verschwitzte Situation Fewlockangriff Madenshake... mhm, lecker!

Nun denn, wir finden McChronicles Zeitmaschine in seinem Labor und bringen sie wieder zum Laufen. Dadurch gelangen wir in die Zwischenzeit, in der es keine Zukunft gibt und wo die Zeit verrückt spielt. In Paradox City begegnen wir allerhand witziger und zugleich merkwürdiger Zeitreisenden und erleben so manch eine unangenehme Überraschung (z.B. eine nicht gewollte Hochzeit). Bei einer kurzen Exkursion in einer deterministischen Zeitreise merken wir, dass wir nichts verändern dürfen, um wieder zurück in unsere eigentliche Zeit zu gelangen – und richten daher alles wieder so, wie es gewesen ist… gewesen sein wird… gewesen sein haben wird? Also… wie es eben sein soll. Unter anderem bedeutet das auch, dass wir unser eigenes Grab schaufelten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich erspare euch die weiteren Details und kürze ab, dass wir eine Menge kurzer Zeitreisen hinter uns bringen, dabei eine ungewollte Hochzeit sabotieren, Goals Herz neu gewinnen, nebenbei einen Krieg beenden und Fewlocks in die Zwischenzeit spülen. Schließlich landen wir wieder in Kuvaq, lüften endlich das Geheimnis um den rosa Elefanten und schaffen es endlich, McChronicle in der Vergangenheit abzufangen, bevor er uns jemals in Kuvaq begegnen konnte. Gerade als wir dachten, die Zeitschleife sei wieder unterbrochen und alles sei wiederhergestellt, begegnen wir Utopianern und dem Rufus derjenigen Zeit. Die Utopianer nehmen uns gefangen und es wird klar: Rufus und Goal müssen eliminiert werden, damit der andere Rufus dann die Goal der richtigen Zeit finden und alles nochmal so geschehen kann, wie es geschehen soll. Aber auch das scheint nur Teil einer größeren Zeitschleife zu sein. Das geht so weiter bis schließlich durch eine vielzahl von ineinander verwickelten Zeitreisen jede Menge antworten gegeben werden und klar wird, welches Ende das Spiel nehmen muss: Das gleiche Ende wie in Deponia 3.

Ronny und seine Armee Das A-Team bei der Arbeit Dank Rufus erblüht die Wüste Das einzig wahre Ende

Der Charme des Spiels
Die Rätsel sind unterhaltsam und knifflig – und manchmal auch abwegig, ohne jedoch langweilig zu werden. Ich habe beispielsweise lange überlegt, wie ich mir einen mit Stroh befüllten Aluhut basteln kann. Ich wusste, dass ich ihn brauche, hatte auch Aluminium, nur konnte ich das verdammte Stroh nicht finden. Nach langem Überlegen probierte ich dann alle möglichen Kombinationen aus Gegenständen in meinem Inventar aus, bis dann die Lösung genauso überraschend wie lustig kam und ich mir mit einem lauten Klatschen gegen die Stirn schlug: Die Alufolie musste (selbstverständlich!) mit dem Strohhalm kombiniert werden. Stroh-halm! Deponia 4 spielt mit Wortwitz noch mehr, als in den vergangenen Teilen und schaffte es, mich nicht nur zum Schmunzeln, sondern manchmal sogar lauthals zum Lachen zu bringen. Bei allem Wortwitz muss man manchmal auch bestimmte Aussagen sehr wörtlich nehmen. Das stellte ich dann mit schmerzlichem Lachen fest, als mir bewusst wurde, wie man einen Stern vom Himmel holt. Die Deponia Reihe verstand es bislang auch sehr gut, mit nicht zu vielen Gegenständen sehr interessante und herausfordernde Rätsel zu gestalten. Durch die Zeitreisemöglichkeit wird dies nun noch komplexer: dieselben Gegenstände müssen unterschiedlich genutzt werden.

Inspektor Rufus ermittelt Den Stern vom Himmel holen Von Fewlocks umzingelt

Manchmal war ich über die Kreativität der Entwickler so erstaunt, dass ich nicht anders konnte als ihnen still meine Bewunderung auszusprechen. Es passiert, dass man einen als bekannt geglaubten Ablauf startet – zum Beispiel beim Dartspielen – doch man wird mit einem völlig überraschenden Ereignisausgang konfrontiert. Sicherlich großartig für alle Deponia-Fans ist, dass auch zu den ersten drei Teilen Hintergrundinformationen gegeben werden. Sowohl die Entwicklung von Charaktären, wie auch storyrelevante Aspekte (z.B. die Bewusstseinsdatasette von Goal) werden angesprochen. Obendrein hat zeigt das Spiel einen gewissen lebensphilosophischen Tiefgang, wenn beispielsweise die Tragik der Liebe mit Schnabeltieren verdeutlicht wird. In Paradox City – der Stadt zwischen den Zeiten – werden uns spätestens die Konsequenzen der Zeitreisen bewusst gemacht, mitsamt aller moralischer Implikationen. Dürfen wir die Zeit überhaupt rückgängig machen, wenn durch unsere Zeitveränderungen neues Leben, ganze Städte entstanden sind? Diese Fragen werden zumindest aufgeworfen, wenngleich nicht beantwortet. Das soll aber auch nicht Anspruch des Spiels sein. Deshalb stellt Rufus auch bedeutungsschwer fest: „Es stimmt wohl, was man sagt. Wenn das Leben Dir eine Kartoffel schenkt… hast Du eine Kartoffel“.

Die Spielmechanik
Wie für Point-n-Click Adventures üblich, kommt man ganz allein mit der Maus zurecht. Gegenstände können mit der Maus entweder benutzt (Linksklick) oder betrachtet (Rechtsklick) werden. Anders als in seinen Vorgängern hat Deponia Doomsday neben der typischen Point-n-Click Adventure Steuerung in seltenen Fällen fast schon etwas, dass man Quick-Time Events nennen könnte – mit der Einschränkung, das man nicht schnell sein muss und im Grunde unendlich viele Versuche hat. Auch das klassische Point-n-Click hat ein paar Kniffe – zum Beispiel wenn man mit der Scherbe der Elefantenspur nachgeht und Rufus und seine zwei Begleiter automatisch folgen. Natürlich gibt es auch ganz typische Minispiele, wie beispielsweise das Faulobstlegen beim Grilldonnerstagfest oder besonders unterhaltsam, die optionalen Minispiele in der Fun Zone Elysiums. Manchmal lohnt es sich auch sinnlose Gegenstände zu kombinieren, bloß um die Kommentare dazu zu hören. Um es in den warnenden Worten eines Deponianers zu sagen: „Tu was Du nicht lassen kannst. Und oftmals wichtiger: Lass, was Du nicht tun kannst.“

Faulobstlegen Funzone-Minispiel Labyrinth Oldschool Dungeon Crawler

Das Interface
Das Interface ist extrem minimalistisch. Durch das Mausrad (oder wenn man möchte durch einen Klick, einfach in den Optionen umstellen) wird das Inventar geöffnet. Mehr Interface gibt es nicht – dafür umso mehr wunderschöne Hintergrundzeichnungen zum Ansehen. Kombiniert werden Gegenstände im Inventar. In Dialogen werden fast immer unterschiedliche Antwortmöglichkeiten vorgeschlagen, wobei man jedoch nie scheitern kann. Mir jedenfalls ging es so, dass ich versucht habe erst die ‚falschen‘ Antworten zu geben und als letztes die Richtige, um alle lustigen Dialoge zu hören.

Chill-, Kill-, Grill- und vieles mehr-Bot Blubberbad

Die Grafik
Jeder Hintergrund und Charakter ist handgezeichnet und im typischen Deponia-Stil gehalten. Die Zeichner haben sich viel Mühe gegeben, besondere Details ins Bild zu zaubern. Vor allem Rufus wandelbares Gesicht sorgt dafür, dass Witze gut landen. Wäre Rufus nicht gezeichnet, wäre er ein begnadeter Schauspieler gewesen. Dass auch die Zeichner und nicht nur die Storyschreiber Humor haben, merkt man vor allem am subtilen Humor, der fernab der Dialoge stattfindet. So verändert sich Rufus Gesichtsausdruck, wenn er zum wiederholten Male durch die Fun Zone schreitet. Wie in den vergangenen Teilen der Reihe gefällt mir besonders der stimmige Gesamteindruck. Egal wie oft man in eine Szene zurück kehrt, man findet immer noch ein kleines Detail, das interessant ist oder über das man schmunzeln kann. So tauchen auch Schnabeltiere immer wieder auf – ob als Porzellanfigur, als Zensur von Brüsten oder lebend zwischen alten Autoreifen herauslugend.

Verkommenes Paradox-City Elysium Irgendwo in der Vergangenheit Jahrmarkt

Der Spielspaß
Deponia Doomsday steht seinen Vorgängern in Nichts nach: Humor steht an erster Stelle. Im Vordergrund stehen natürlich Wortspiele und teils absurde Dialoge, vor allem immer dann, wenn Rufus etwas sagt. Und Rufus sagt sehr viel. Er ist selbsternannter Experte im Schlabberlippenlesen, Spionagecowboy, Hinternmodel, Oberdruckerzeugemeister, temporaler Heckenschütze und Frauenversteher. Aber auch durch die Musik, rhetorische Pausen und geniale Gesichtsausdrücke wird man als Spieler stets zum Lachen gebracht. Der Moment, an dem Rufus endlich auf Elysium ist und durch die Fun Zone streift, ist kaum zu überbieten.

14_Fun Zone Die verschiedenen Gesichter der Fun-Zone 14_Fun Zone 3

Zeitreisen verkomplizieren Geschichten normalerweise stark und man findet relativ leicht einen Fehler in der Zeitreiselogik. Auch wenn nicht alles zwangsweise logisch ist (es wäre irgendwie auch unpassend!), geben sich die Storyschreiber dennoch bemerkenswert viel Mühe, keine Frage offen zu lassen. Generell gilt: Je abwegiger ein Rätsel ist, desto lustiger wird es dann, wenn es gelöst wurde. So zum Beispiel, wenn wir den Hellseher dazu getrickst haben, uns die Zukunft vorherzusagen. Wie das Ende zu bewerten ist, muss jeder Spieler für sich entscheiden. Ich fand es großartig – mir gefiel aber auch das Ende von Deponia 3. Selbst wenn das Ende nicht gefallen sollte, ist das Spiel mit seinen rund 20 Stunden Spielzeit mit ebenso vielen Stunden Spielspaß ausgestattet.

Das Fazit
„Irgendwann ist das Kaputtmachen von Dingen, die eigentlich funktionieren auch nur ein … naja, funktionieren“. Mit dieser Bemerkung spricht Rufus aus, wie Deponia wirklich funktioniert. Und doch haben wir jede Menge Spaß dabei, Rufus beim Kaputtmachen zu unterstützen. Dafür, dass das Spiel fast schon als satirische Reaktion der Entwickler auf die Kritik des Endes von Deponia 3 gelten kann, haben sich Daedelic nochmal ordentlich ins Zeug gelegt. Der Humor und die schönen Zeichnungen sind sicherlich das, was die Deponia-Spiele von anderen Adventure-Spielen abhebt. Auch wenn die Story nun übermäßig abgeschlossen scheint, wünscht man sich fast noch einen fünften Teil. Prequel sind doch beliebt geworden – hier würde es sich lohnen!

Der Beitrag Deponia Doomsday im Test: Möge Tetanus uns beistehen! erschien zuerst auf Nerdbench.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 314